16 junge Habichtskäuze erfolgreich ausgewildert

Im Jahre 2017 startete das Habichtskauzprojekt des Vereins für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität e. V. (VLAB). Dieses Jahr wurden 16 Jungeulen in die Oberpfälzer und Oberfränkischen Wälder ausgewildert. Die jungen Habichtskäuze stammen aus der Nachzucht verschiedener zoologischer Gärten und privater Züchter aus Deutschland und Frankreich.

Seit Beginn des Wiederansiedlungsprojektes im Jahr 2017 sind nun insgesamt 60 junge Habichtskäuze im Projektgebiet ausgewildert worden. Derzeit existieren mindestens zwei Reviere mit je einem Habichtskauz-Paar in den nordostbayerischen Wäldern. „Unser Ziel ist es, eine kleine stabile Population aufzubauen und diese mit der isolierten Kleinpopulation rund um den Nationalpark Bayerischer Wald zu vernetzen. Dadurch soll die genetische Vielfalt der Käuze verbessert und das Aussterberisiko verringert werden”, erklärt Michaela Domeyer, Leiterin des Habichtskauz-Projektes.

Die meisten Jungeulen, neun an der Zahl, kamen dieses Jahr aus Frankreich, sieben weitere aus Deutschland. Sie stammen aus dem Opel Zoo Kronberg/Taunus, dem Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe, dem Wildpark Schwarze Berge bei Hamburg und der Greifvogelstation & Wildfreigehege Hellenthal in der Eifel. Alle Tiere heil und gesund in die Oberpfalz zu transportieren war ein enormer logistischer Aufwand. Ein Käuzchen aus dem Wildpark Schwarze Berge fuhr gar unter fachkundiger Begleitung mit dem Intercity von Hamburg nach Nürnberg, wo es von den Mitarbeitern des VLAB in Empfang genommen wurde. Die weiteste Anreise hatten die jungen Käuze aus Frankreich. Wegen der großen Hitze im Juli wurden die wertvollen Tiere bei Nacht die über tausend Kilometer weite Strecke nach Bayern transportiert. Sie stammen aus dem Parc Zoologique d’Amiens (Nordfrankreich), der Greifvogelstation Le Faucon Solognot bei Orbigny (Zentralfrankreich) sowie der Schlossfalknerei von Chateau Les Milandes in Castelnaud la Chapelle an der Dordogne, das einst der berühmten Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin Josephine Baker gehörte.

Für die Eingewöhnung der scheuen Vögel stehen insgesamt drei Volieren zur Verfügung. Jede von ihnen bietet Platz für sechs Eulen. Bevor sie im Alter von 90-120 Tagen in die Freiheit entlassen werden, verbringen die imposanten Tiere durchschnittlich 28 Tage in diesen Behausungen im Wald. Während dieser Zeit werden sie täglich gefüttert und mit frischem Wasser versorgt. Die jungen Eulen baden auch sehr gerne in den großen Wasserwannen, wie die verschiedenen Aufnahmen der Wildkameras zeigen. „Es ist wichtig, die Entwicklung der jungen Vögel genau zu beobachten. Wir geben unser Bestes, um sie als gesunde, kräftige und voll flugfähige Eulen auswildern zu können”, sagt Domeyer.

Fast das ganze Jahr über erhält der VLAB Nachweise von Habichtskäuzen in freier Wildbahn, meist in Form von Bildern oder Beobachtungen von Förstern, Waldarbeitern, Landwirten oder fachkundigen Mitgliedern. „Gelegentlich werden uns auch von Ornithologen Hinweise von Habichtskauz-Rufen, meist im Herbst und Spätwinter, mitgeteilt oder wir hören Rufe im Rahmen unseres akustischen Monitorings”, erläutert Domeyer. Die meisten dieser Beobachtungen und Rufhinweise konzentrieren sich auf einen Radius von bis zu 15 km um die Eingewöhnungsvolieren.

Für das Jahr 2023 plant der Verein, besonders gut entwickelte und kräftige Jungeulen vor ihrer Freilassung mit batteriebetriebenen Sendern auszustatten (Telemetrie), um mehr über die Verteilung der jungen Habichtskäuze nach der Auswilderung zu erfahren und gezielt weitere Brutkästen im Wald zu installieren. Inzwischen hängen rund 200 dieser großen Nistkästen in den Wäldern des Fichtelgebirges, Hessenreuther- und Oberpfälzer Waldes, im Steinwald, auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr und im benachbarten Böhmischen Wald (Český les) in der benachbarten Tschechischen Republik. Davon profitieren mitunter auch andere Tierarten z.B. Waldkäuze, wie die Kontrollgänge der vergangenen Jahre zeigten. Von den bisher ausgewilderten Jungeulen wurden ca.10% tot aufgefunden. Meist wurden sie Opfer von Kraftfahrzeugen; eine Eule ist vermutlich von einem Habicht oder Uhu geschlagen worden. „Wir warten nun sehnlichst auf die erste Freilandbrut und hoffen, dass wir sie im kommenden Jahr finden werden”, sagt Johannes Bradtka, ehrenamtlicher Vorsitzender des VLAB.

Beim Projekt des VLAB handelt es sich um die erste Wiederansiedlung von Habichtskäuzen außerhalb eines Nationalparks in Deutschland. Der Habichtskauz starb vor rund einhundert Jahren in Deutschland aus. Sein Vorkommen lag im ostbayerischen Grenzgebirge zu Tschechien, weswegen die Spezies für Bayern den Status einer „Verantwortungsart” besitzt. Im Nationalpark Bayerischer Wald begann ein Wiederansiedelungsprojekt schon gleich nach seiner Gründung im Jahre 1970. Erst 1984, also 14 Jahre später, wurde die erste Freilandbrut im Nationalpark gemeldet. Der Habichtskauz gilt heute als die seltenste ausschließlich in Wäldern lebende Eulenart Mitteleuropas.

 

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